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Jour>nal

Woche für Woche berichte ich aus dem Alltag meines unalltäglichen Berufs.

Journal | KW 21 – KBZ-Jubiläum und Zettelkasten

Beim 10-jährigen Jubiläum des Karl Barth-Zentrums wurde klar: Barths Theologie lebt vom Gespräch. Mit meiner Zettelkasten-Methode habe ich die Tagung begleitet – und zeige in diesem Journal, wie aus Mitschriften anschlussfähige Gedanken entstehen.

Karl Barth-Zentrum feiert 10-jähriges Bestehen

Gebührend feierte das Zentrum für Karl Barth und reformierte Theologie diesen Donnerstag an der Universität Basel gemeinsam mit dem Karl Barth-Archiv sein 10-jähriges Bestehen.

Zu Gast hatten wir drei tolle Referierende. Michael Pfenninger hat uns als zweiter Gastreferent den von ihm editierten Band 57 der Karl Barth-Gesamtausgabe vorgestellt, der bereits jetzt online gelesen werden kann.

Der Band enthält zahlreiche Gesprächsaufzeichnungen von und Interviews mit Karl Barth aus den Jahren 1948 bis 1952.

Besonders interessant finde ich daran, dass dabei erst deutlich wird, wie seine ganze Theologie eine im dauernden Gespräch verwickelte Entwicklung ist.

Die Kirchliche Dogmatik liest sich für viele wie ein monolithisch-dogmatisches Manifest. Wer aber aufmerksam weiterliest, dem fällt bald auf, dass hier einer schreibt, der nicht bei dem stehen bleibt, was er einst behauptet – sondern in ständiger Selbstkritik und Selbstrevision, sich das biblische Zeugnis und die kirchliche Lehre aneignet und dabei immer wieder selbst überholt und überholen lässt, jedoch ohne dabei je sein Thema aus dem Blick zu verlieren – Jesus Christus.

So verstehe ich Karl Barth nicht nur als großen christlichen Dogmatiker des 20. Jahrhunderts, sondern auch als einen mit sehr gesundem Humor gesegneten Ironiker, der seinesgleichen sucht.

„Sollte ich, was die Seitenzahl angeht, der größte Dogmatiker der letzten 3-400 Jahre sein? Aber ich werde sie vermutlich nicht mit in den Himmel bringen, schließt der schalkhafte Professor mit einem ... Blick in Richtung der acht Bände auf dem Schreibtischregal. – Wir werden ja aus Gnade gerechtfertigt, und nicht aus ‚guten Werken‘.“ (Karl Barth)

Zettelkasten zum Mitschreiben

Mir war bei dieser Tagung meine Zettelkasten-Methode eine große Hilfe. Nicht nur konnte ich mitschreiben, sondern ich konnte zugleich, die Gedanken sortieren, einordnen und anderen anschliessen.

Und das alles, während ich dem Vortrag folge.

Das klingt nach Multitasking und Stress, nicht wahr?

Dank einem automatisierten Ablauf, den ich mir durch die ständige Wiederholung bei der Arbeit und dem Schreiben mit der Zettelkasten-Methode angewöhnt habe. Nur deshalb muss ich nicht Multitasking machen, sondern kann ruhig meine Notizen schreiben und sortiere ein, ergänze spielend mit Eigenem und schliesse bestehende Gedanken (i.e. andere Notizen) an. Dabei erweitere ich quasi nebenbei das Netzwerk des Zettelkastens, ohne im Nachhinein noch aufwendige Nachschriften des Gehörten anfertigen zu müssen.

Im kommenden Monats-Newsletter möchte ich einen ersten Einblick in diesen Arbeitsablauf geben und auch eine kleine Vorlage zum Ausprobieren oder Anknüpfen teilen.

Notizen-Werkstatt

Aus dem ersten Referat von Harald Matern, entstand eine solche Notiz. Das ursprüngliche Notizchaos, das bei mir beim Mitschreiben zwangsläufig immer entsteht – war in kürzester Zeit in mehrere Notiz-Zettel aufgeteilt und entsprechend verlinkt in dieser ursprünglichen Mitschrift als Link erhalten (unter A.; B.; C.).

An meiner noch unbearbeiteten Mitschrift von Frederike van Oorschot kann man gut sehen, dass es ein wesentlicher Arbeitsschritt ist, aus dem Mitschrift-Chaos, das für mich persönlich Interessante und Wichtige, d. h. meist das, was in meinem Zettelkasten anschlussfähig ist, zu priorisieren und das für mich weniger wichtige auch einfach zu löschen.

Und so entsteht aus dem mitgeschriebenen Kuddelmuddel schnell eigene, sinnvolle Weiterführungen. D. h., eigene Gedanken, die teils auch zu weiteren Notizen führen, die als Link angeschlossen werden und später auch weit von den ursprünglich mitgeschriebenen Gedanken der Referierenden wegführen können – und genau das soll ja letztlich dabei passieren; dass man beim Schreiben auf ganz ungeahnte und vorher unvorstellbare, kreative Ideen und Gedanken kommt.

So wird aus einer Sammlung von teils unzusammenhängenden Notizen, eine Serendipity-Maschine. Darin liegt der große Mehrwert dieser Methode.

Stand KW21

Eigentlich muss das Zählen nicht sein, aber ich habe mir vorgenommen, täglich im Zettelkasten zu schreiben – d. h., nicht nur ein paar nette Gedanken abzulegen, sondern wirklich auch längere Gedanken-Ketten auszuführen. Das bedeutet, diese in ihre einzelnen Kernideen aufzuteilen, sinnvoll anzuschliessen und nach Möglichkeit ältere Notizen mit den neuen sinnvoll zu verbinden.

Diesen Prozess erlebe ich als äusserst lohnenswert und es macht auch einfach Spass, weil ich dabei immer wieder etwas Neues und Überraschendes lerne – und dabei gleich in mein Netzwerk einspeise, sodass ich später – bspw. beim Schreiben eines Essays oder bei der Recherche für ein Referat – wieder darauf stossen kann.

Deshalb orientiere ich mich auch am Input einfach grob an Niklas Luhmanns Vorlage. Der Mann hat in ca. 30 Jahren sage und schreibe 75’000 von Hand geschrieben Zettel in seinem analogen „Zettelkasten“ angehäuft. Das sind wöchentlich um die 50 geschriebene und abgelegte Notizzettel. Eine wirklich beeindruckende Zahl – zumal wenn man bedenkt, dass er alles (auch die „Links“) von Hand geführt hat.

Foto des Originals in Luhmanns Büro. Quelle
Foto des Originals in Luhmanns Büro. Quelle

Deshalb orientiere ich mich bei der Reflexion und Beurteilung meiner Produktivität im Zettelkasten quantitativ an dieser Zahl. Da bin ich aktuell gut dabei – zum Jahresende übertreffe ich vielleicht die Luhmann’sche Jahresquote von 2500 Zetteln sogar. Zumindest ganz knapp.

Neustart mit Rückspiegel

KW 20

Ein Essay

Heute veröffentliche ich nicht nur meinen ersten Journaleintrag in diesem Jahr, sondern auch einen ersten Essay, den ich heute spontan geschrieben habe.

Dieser handelt von meiner Leidenschaft fürs Schreiben und verhandelt mein Anliegen, mit Dogmathink.com anderen für ihr Nachdenken, Schreiben und Texten-Überarbeiten hilfreiche Inputs zu geben.

Meine Texte werde ich neu hauptsächlich auf Dogma-Lab.com – meine zweite Webseite – veröffentlichen, hier findest du den Link zu meinem Essay.

Ausgesetzt im Satz - Dogma Lab
Ausgesetzt im Satz - Dogma Lab

Ich werde dir hier in den nächsten Wochen eine Methode vorstellen, wie du deinen Schreibstil verbessern und eigene Texte konstruktiv und sinnvoll überarbeiten kannst. Sodass du mit jedem neuen Text, den du schreibst, bereits etwas Kleines verbessern, anders machen oder ausprobieren kannst, um dich kontinuierlich zu steigern.

Das neue Dogma: Think

Neu ist dogmathink.com kein klassischer Blog mehr. Von diesem Konzept habe ich mich verabschiedet – es war nicht das, was ich wirklich teilen wollte. Andere machen das viel besser und mit viel mehr Leidenschaft, als ich das kann und will.

Was ich anbieten möchte, sind Einblicke in eine persönliche Schreibwerkstatt – ich will Online-Kurse entwerfen, die dir einen Mehrwert bieten, in denen ich meine Erfahrungen und meine eigenen Lernwege kondensiert vermittle.

Damit möchte ich dir Einsichten anbieten, die ich selbst gerne schon zu Beginn meines Studiums gehabt hätte – Tipps, die mir selbst einen echten Mehrwert gebracht hätten. Ich hoffe, dass ich dir das schon bald auch in einem weiteren Kursformat fürs Schreiben von Essays, Aufsätzen oder Hausarbeiten anbieten kann.

Zunächst arbeite ich aber zurzeit an einem Kurs, in dem ich dir meine Zettelkasten-Methode näherbringen werde. Im nächsten Jahr möchte ich diesen Kurs vollständig für Premium-Abonnent:innen zugänglich machen.

Ich investiere viel Zeit, persönliche Ressourcen und Herzblut in dieses Projekt – weshalb ich mich entschieden habe, dafür auch einen fairen Preis zu verlangen.

Trotzdem will ich eine Möglichkeit finden, den Kurs auch für Studierende oder Menschen mit geringem Einkommen zugänglich zu machen – weil es mir wichtig ist, dass gerade sie davon profitieren können.

Aber erst einmal muss ich das Projekt abschließen, veröffentlichen und schauen, ob es meinen und deinen Erwartungen überhaupt gerecht wird.

Ich plane, den Kurs in einer Preview-Version für Support-Abonnent:innen anzubieten und eine Demo-Version für alle, die es erst ausprobieren wollen, bevor sie das ganze Paket kaufen bzw. abonnieren. Richtig – ich will meine Online-Kurse im Abo-Modell anbieten, um das Angebot künftig ausbauen und finanziell nachhaltiger gestalten zu können.

Ich freue mich, dass du mich als Leser:in auf diesem Weg begleitest.

Neustart und Erwartungen

Da ich hiermit ganz frisch von vorn anfange und fest entschlossen bin, dieses Konzept durchzuziehen und wirklich wöchentliche Updates zu geben, möchte ich kurz erklären, wozu ich diese Journale eigentlich verfasse:

  1. Ich möchte regelmäßig Einblicke in meinen Schreibprozess geben: Woran arbeite ich gerade? Was sind meine Zweifel und Herausforderungen? Und vor allem: Was habe ich Wertvolles dabei gelernt, von dem du profitieren könntest?
  2. Ich will den wissenschaftlichen Betrieb an der Universität etwas transparenter machen. Ich selbst konnte mir vor meiner Tätigkeit nur sehr vage vorstellen, was Geisteswissenschaftler:innen eigentlich so machen – und warum das für mich interessant oder relevant sein könnte.
  3. Es gibt Themen wie das Publizieren wissenschaftlicher Essays, Aufsätze oder Rezensionen, bei denen ich selbst Neuland betrete – und an der Uni kaum Hilfestellung erhalte. Von anderen weiß ich, dass ihnen der Einstieg ins Publizieren ebenfalls schwergefallen ist und sie sich vieles selbst erarbeiten mussten. Zwar kann ich nur für mein Fach, die Systematische Theologie, sprechen – aber ich glaube, dass auch andere davon profitieren könnten, Erfahrungsberichte über den Weg zur ersten Publikation zur Hand zu haben. Einen solchen Bericht möchte ich versuchen zu geben.

Meine Journale sollen nicht alle so lang sein wie heute. Es sind freie Essays, in denen ich mir von der Leber schreibe, was ich in einer Arbeitswoche erfahren und gelernt habe – von dem ich denke, dass es für dich interessant und hilfreich sein könnte.

Das kann von ein paar Bulletpoints bis zu einem ausgefallenen Essay-Versuch variieren – und wird sich mit zunehmender Leserschaft und deinem Feedback vermutlich weiterentwickeln. Ich selbst bin gespannt auf dieses Projekt und freue mich, diesen Lernweg mit dir und vielen anderen teilen zu können.

Zettelkasten-Fortschritt

Ich habe mir vorgenommen, wöchentlich einen Blick auf die wachsende Zahl an Notizen in meinem Zettelkasten zu werfen – um damit einen praktischen und konkreten Einblick in meine alltägliche Arbeitsweise zu geben.

Zunächst möchte ich einfach einmal meinen Zwischenstand teilen:

Erst seit diesem Jahr arbeite ich produktiv mit dem Konzept. Im vergangenen Jahr hatte ich noch einige Schwierigkeiten damit, aber im Dezember kam der Durchbruch – und ich bin froh, dass mein Framework endlich funktioniert, wie ich es mir seit 2022 erhofft habe.

Die Differenz zu letztem Jahr ist frappierend und hat mich dazu ermutigt, dieses Framework, an dem ich nun schon einige Jahre tüftle, auf dogmathink.com zu teilen. Und hoffe, dass es auch anderen ein so nützliches Tool sein wird – wie mir selbst.

Was der Zettelkasten ist, warum ich überhaupt ein „komplexes“ System entwickelt habe, um Notizen „zu sortieren“ – das alles und noch mehr, werde ich mit dir in den nächsten Wochen teilen. Bleib also unbedingt dran, wenn du mehr zu meiner Zettelkastenmethode erfahren möchtest.

Postkoloniale Theologie im Grundkurs

In dieser Woche hatten wir in meinem Ethik-Grundkurs, den ich dieses Frühsemester gemeinsam mit Prof. Dr. Georg Pfleiderer an der Universität Basel unterrichte, eine Einführung in die Ethik der postkolonialen Theologie auf dem Programm.

Da ich mich zuvor nur am Rande mit der Thematik beschäftigt hatte, war ich besonders gespannt auf diese Stunde. Diese hat mich sehr positiv überrascht, der Text Complacencies and Cul-de-sacs. Christian Theologies and Colonialism von Prof. em. Rasiah S. Sugirtharajah (Universität Birmingham) ist erfrischend und scharfsinnig.

Er macht deutlich, wie das Thema des Kolonialismus in der Systematischen Theologie mit Abwesenheit glänzt und bezieht sich auf die Theologiegeschichtsschreibung, welche die Zeit des Kolonialismus in Indien abdeckt. Es kommen indische Theologen zu Wort und deren ambivalente Perspektive auf den Kolonialismus. Zudem gelingt es ihm die Spannung der nationalen Identität Indiens mit den vielen kulturellen und vor allem religiösen Unterschieden in der Bevölkerung des Landes nachvollziehbar zu machen. Die Antwort der kontextuellen Theologie auf die Identitätskrise der indischen Bevölkerung sieht er in einer kreativen Neukombination zweier dominanter Muster, – (a.) einem identitär-regressivem und (b.) einem cosmopolitisch-progressiven – die er in den christlichen Theologie Indiens vorfindet – darin liegt auch seine innovative ethische Zielsetzung für die Theologie.

„The blending I have in mind differs notably in three aspects from these earlier experiments. (1) It should go beyond identity hermeneutics. Selfaffirmation and restoring the lost pride and emasculated dignity of an alienated people are fine and worthy causes in themselves. But to hold on to them, and to reiterate them uncritically when the context out of which these issues arose has moved, is to risk turning them into theological clichés. (2) It should move beyond its high-caste moorings and take into account the legends and myths of the dalits and tribals. (3) It should shed its overtly Christian superiority and smugness. The earlier attempts at assimilation suffered from Christian triumphalism. What I envisage is a form of vernacular cosmopolitanism, like that advocated by Homi Bhabha, which is not constrained by old boundaries and entrenched positions but allows transgression.“ (Sugirtharajah, Rasiah S.: Complacencies and Cul-de-sacs. Christian Theologie and Colonialism, in: Keller, Catherine; Nausner, Michael; Rivera, Mayra (Hg.): Postcolonial Theologies. Divinity and Empire, Denver, MA 2004, 22-38.)

Theorie im Verdacht

In mehreren Gesprächen wurde mir diese Woche deutlich, dass „praktisch“ zum Trendwort geworden ist – während „theoretisch“ oft abwertend gebraucht oder verstanden wird, als wäre Theorie etwas Verwerfliches.

Mich hat das irritiert, weil ich das Wort bislang neutral verwendet habe – vielleicht, weil ich mich selbst als Theoretiker verstehe.

Dabei ist jedes theoretische Vorhaben – etwa die Analyse von Texten, das Aufdecken (deconstruction) kognitiver Verzerrungen (bias) im eigenen Theoriegebäude oder anderen Theorieentwürfen oder die Exegese eines biblischen Textes – zugleich praktisch, insofern es eine Praxis ist, sich an den Schreibtisch zu setzen, einen Text gründlich und wiederholt zu lesen, ihn methodisch zu befragen und schließlich den Laptop aufzuklappen, die eigenen Gedanken dazu niederzuschreiben und sie zu publizieren oder vorzutragen. Auch die Gespräche, die zu einer theoretischen Idee oder einem Verdacht geführt haben, entspringen einer Gesprächspraxis des intellektuellen Austauschs.

Insofern gibt es natürlich auch in den Geisteswissenschaften keine reinen Theoretiker. Aber selbstverständlich ist es ein Unterschied, ob die eigene Theorie auch praktische Folgen hat – d. h. ethisch-moralische oder anwendungsspezifische Folgen – oder ob sie solche Absichten explizit ausschließt.

Aber in meiner Naivität bin ich bisher davon ausgegangen, dass es keine rein theoretischen Theorien geben könne – weil selbst die abstrakteste mathematische Theorie oder Formel eine konkrete (in diesem Sinn praktische) Konsequenz für alle impliziert, die sich mit dieser Mathematik beschäftigen und an ihrem Voranschreiten mitwirken. Auch wenn sich diese am Ende vielleicht als unberechtigt herausstellen sollte.

Aufgeklärte Wissenschaften?

Der Philosoph Hans-Georg Gadamer (1900-2002) beschreibt in seinem Hauptwerk Wahrheit und Methode die historische Wissenschaft als Ort, an dem sich der Geist von dogmatischer Befangenheit befreit hat (WM I, 280). An der Universität erlebe ich jedoch manchmal auch das Gegenteil.

Die oben genannte Frontstellung von „Praxis vs. Theorie“ steht symbolisch dafür, dass es eine unendliche Aufgabe ist, sich von der dogmatischen Tendenz unseres Verstandes zu befreien – es ist nicht mit einem einzelnen Befreiungsakt getan, sondern muss immer und immer wieder beständig an all unseren Überlegungen, Behauptungen und allzu selbstverständlichen Theorien vollzogen werden.

Auch die klügsten und gelehrtesten Menschen bleiben eben Menschen – mich ermutigt das, weil mir bewusst wird, wie wichtig, unmittelbar relevant und hilfreich für jeden Menschen die Schreib- und Denkarbeit der wissenschaftlichen Theologie ist und immer bleiben wird. Und dass ich selbst nicht perfekt bin oder sein muss, kann ich dadurch leichter annehmen, weil das auch sonst niemand ist – und gerade deshalb möchte ich mit anderen zusammen an der von Gadamer ausgewiesenen hermeneutischen Aufgabe der Geisteswissenschaften weiterarbeiten.

SysLex – Online Lexikon

So ging @syslex.bsky.social mal los - seit Mai online (www.syslex-online.de) und hier für aktuelle Infos. #SysLex #Theologie

Frederike van Oorschot (@fredvanoorschot.bsky.social) 2025-05-08T05:37:41.025Z

Mit dem Start von SysLex – Systematische Theologie Online ist ein eindrucksvolles Projekt realisiert worden, das für unser Fach einen wichtigen Meilenstein markiert. Systematische Theologie, lange Zeit eher verstreut, schwer zugänglich und oft auf gedruckte Lexika angewiesen, erhält mit dieser Plattform erstmals ein zentrales, offen zugängliches Nachschlagewerk, das sowohl fachlich belastbar als auch öffentlich verfügbar ist.

Onlinelexikon Systematische Theologie

Das Besondere an SysLex ist nicht nur die wissenschaftliche Qualität der Beiträge, sondern auch ihre digitale Form: sorgfältig kuratiert, peer-reviewed, zitierfähig – und zugleich kostenlos für alle zugänglich. Damit setzt das Projekt neue Maßstäbe in Sachen Wissenschaftskommunikation, Transparenz und digitaler Infrastruktur für die Theologie. Besonders hervorheben möchte ich die klare Gliederung, die hervorragende redaktionelle Arbeit und die thematische Bandbreite, die sowohl Studierenden als auch Forschenden wertvolle Orientierung bietet.

Was Frederike van Oorschot und das Team hinter SysLex hier geschaffen haben, verdient höchste Anerkennung – und ein aufrichtiges Dankeschön. Solche Projekte entstehen nicht nebenbei. Sie verlangen strategisches Denken, institutionelles Geschick und eine beeindruckende Beharrlichkeit – gerade in einem Fach, das oft mit knappen Ressourcen und traditionsbedingter Trägheit zu kämpfen hat.

Was ist mit Wikipedia?

Das neue Online-Nachschlagewerk für Systematische Theologie ist ein eindrückliches und innovatives Projekt. Und so sehr ich mich freue, dass es in meinem Fach nun auch ein offen zugängliches und in wissenschaftlichen Arbeiten zitierfähiges Lexikon gibt – wie es die Bibelwissenschaften mit WiBiLex vorgemacht haben –, so frage ich mich doch: Warum sollte Wikipedia eigentlich nicht zitierfähig sein?

Wikipedia zeigt längst, dass eine unabhängige, kollaborative Open-Source-Plattform qualitativ hochwertige, aktuelle Lexikonartikel hervorbringen kann. Natürlich ist Wikipedia nicht perfekt – auch die Frage der Mittelverwendung steht zu Recht immer wieder in der Kritik. Und doch ist es das größte kollaborative Wissensprojekt der Welt. Es wird von unzähligen Freiwilligen getragen, die ein transparentes Regelwerk geschaffen haben, um Beiträge redaktionell zu pflegen und kontinuierlich zu verbessern. (Vgl. Molly White, 02.02.2025)

Auch akademisch geprüfte Lexika liefern kein objektives Wissen – sie spiegeln Perspektiven, keine Abbilder der Wirklichkeit. Deshalb bleibt es entscheidend, wer hier schreibt – und wer nicht. Solche Projekte erzeugen nicht nur Ordnung, sondern reproduzieren auch Diskursmacht.

In der Theorie sollen Lexikonartikel den Einstieg erleichtern, Orientierung bieten, Weiterarbeit ermöglichen. In der Praxis prägen sie oft, was als gültiger Referenzrahmen eines Fachs gilt. Genau deshalb ist die Frage nach der Form – nach dem Ort und dem Zugang theologischen Wissens – so wichtig. Warum also nicht theologische Beiträge auch auf Wikipedia selbst veröffentlichen? Oder zumindest eine begleitende Liste kuratierter Artikel anlegen, ergänzt um Begriffe, die noch fehlen? Eine solche Form der professionellen Beteiligung mit Klarnamen wäre dort längst möglich – jede Änderung wird protokolliert und öffentlich sichtbar.

Mir ist dabei durchaus bewusst, dass das gegenwärtige Wissenschaftssystem wenig Anreize für eine solche freie, partizipative Beteiligung schafft. Drittmittel und wissenschaftliche Reputation lassen sich eher über eigenständige, geschlossene Projekte legitimieren als über Beiträge zu offenen Plattformen.

Auch wenn das vielleicht wie Kritik klingt – ich meine es nicht gegen das Projekt und schon gar nicht gegen das verantwortliche Team. Im Gegenteil:

Ich möchte ausdrücklich zur Nutzung von SysLex ermutigen.

Meine Überlegungen richten sich nicht gegen das Projekt, sondern nehmen es zum Anlass, grundsätzlicher über die Frage nach öffentlichem theologischen Wissen und seiner Organisation nachzudenken. Die gute Absicht und die enorme Arbeit, die in einem solchen Projekt steckt, sind bewundernswert – und verdienen gerade durch weiterführende Reflexion Unterstützung.

Newsletter & Zukunftspläne

Ich habe die Newsletter-Anmeldung auf der Webseite überarbeitet. Die wöchentlichen Journal-Einträge bleiben frei zugänglich. Zusätzlich erscheint neu ein monatlicher E-Mail-Newsletter – mit Essays, kuratierten Links, Lektüreempfehlungen und persönlicheren Reflexionen.

Warum kostenpflichtig?

Weil ich einen Ort schaffen möchte, an dem geistige Arbeit möglich ist – unabhängig, werbefrei, ohne algorithmischen Druck. Wer diesen Newsletter abonniert, unterstützt genau das: einen Raum für langsames Denken, offene Fragen und unaufgeregte Tiefe.

In den letzten zwei Wochen war ich immer wieder krank, habe mich auf das wesentlichste beschränkt und längst fällige Rezensionen geschrieben und abgegeben. Deshalb halte ich diesen Journal-Eintrag für die vergangenen zwei Wochen kurz.


Schweizerischer Verband des Personals öffentlicher Dienste

In der Session vom 11.12.24 hat der Große Rat des Kantons Basel-Stadt den „Anzug betreffend Verbesserung der Anstellungs- und Arbeitsbedingungen sowie Chancengleichheit an der Universität Basel“ (Nr. 24.5212.01) angenommen.

Grosserfolg unserer Gruppe und für den Mittelbau in Basel gestern im Grossen Rat! Fertig Kosmetik, liebe @unibas.ch : Der Vorstoss für #StableJobs von Amina Trevisan et al ist durch! 🥳☀️✊ Die Zeit für eine echte Reform ist jetzt! Hier geht es zur Medienmitteilung: basel.vpod.ch/news/2024/vp...

VPOD Mittelbau Uni Basel (@vpodunibas.bsky.social) 2024-12-12T06:43:15.518Z

Das ist ein erster Erfolg in Richtung einer nachhaltigen Reform des wissenschaftlichen Mittelbaus an der Universität Basel, der schon lange gefordert wird und durch Druck aus der Gewerkschaft langsamen Schrittes vorankommt.

Als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Basel freue ich mich über solche Neuigkeiten.

Eine Anstellung in der Wissenschaft gibt Freiheit vor finanzieller Existenznot und bringt allem voran die Gelegenheit mit sich, in einem Fachgebiet zu forschen. Die meisten haben eine Leidenschaft dafür und sind bereit, dies im Rahmen befristeter Anstellungen, langer Arbeitstage und eines geringen Einkommens, trotzdem auf Freizeit und sichere Arbeitsverhältnisse zu verzichten. Menschen nehmen das in Kauf, wenn sie dafür ungestört und in einem förderlichen Umfeld wissenschaftlich arbeiten können.

Allerdings ist die Realität, gerade wenn man Familie und Kinder hat, nicht so romantisch, wie es auf den ersten Blick klingen mag.

Diese einseitige Strukturierung der wissenschaftlichen Karriere auf die Professur hin hat einen sozialdarwinistischen Drive, der junge Promovierende und Pos-Docs antrieb, sich für die kleine Chance auf eine Festanstellung als Professor selbst auszubeuten, obwohl am Ende die Wahrscheinlichkeit höher ist nicht als Professor berufen zu werden.

Die Allermeisten durchschauen das grausame Spiel und immer weniger sind bereit, unter solchen Bedingungen weiter mitzuspielen – oder scheiden schlicht durch den hohen Druck und den gesundheitlichen Folgen aus. Zumal man nicht nur als Naturwissenschaftler oder Ingenieur schnell Arbeit bei Unternehmen findet, die deutlich höhere Gehälter bezahlen, bei gleichzeitig familienfreundlicheren Arbeitszeiten. Wer wills missgönnen?

Deshalb wird es immer schwieriger Stellen zu besetzten: Nur noch 16 % der Promovierenden wollen langfristig eine Professur anstreben; nur noch etwa ein Drittel der Post-Docs sehen ihre Zukunft in Forschung und Lehre; und 57 % der befragten Forscherinnen und Forscher haben in den vergangenen zwei Jahren in Betracht gezogen, aus der Wissenschaft auszusteigen. „Weil sie die hohe Arbeitsbelastung nervt. Weil sie nicht entfristet werden. Weil sie daran zweifeln, gut genug für eine Professur zu sein.“ (Die Zeit)

"Es ist das erste Mal in unseren Befragungen, dass für diese Gruppe nicht mehr die Professur das erste Karriereziel darstellt", sagt Gregor Fabian vom DZHW. (Die Zeit)

Das ist in der Schweiz nicht anders, genau deshalb ist die positive Abstimmung über den Auszug zur Verbesserung der Arbeitsverhältnisse für wissenschaftliches Personal an der Universität, die keine Professorinnen sind, so ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

„Diese Situation betrifft rund 67% aller Angestellten mit Doktorat, sprich Personen mit hohen Qualifikationen, deren Durchschnittsalter über 35 Jahren liegt. Zum Vergleich: 2022 waren schweizweit nur 8.6% aller Arbeitnehmenden befristet angestellt. Prekäre Arbeitsverhältnisse und fehlende Zukunftsaussichten haben nicht nur einen negativen Effekt auf die psychische Gesundheit, sondern mindern auch die Attraktivität des Wissenschaftsstandorts Basel. Zahlreiche herausragende Wissenschaftler:innen, darunter überdurchschnittlich viele Frauen, beenden aufgrund der untragbaren Arbeitsbedingungen und der Unvereinbarkeit von Karriere und Familie vorzeitig ihre wissenschaftliche Laufbahn.“ – 24.5212.01
VPOD-Forderung erfolgreich: Grosser Rat fordert bessere Arbeitsbedingungen an der Universität Basel
Ein bedeutender Erfolg für den Mittelbau der Universität Basel: Der Anzug von Amina Trevisan zur Verbesserung der Anstellungs- und Arbeitsbedingungen wurde heute vom Grossen Rat überwiesen. Der in Zusammenarbeit mit VPOD-Mitgliedern ausgearbeitete Vorstoss, setzt ein klares Zeichen gegen die prekären Arbeitsbedingungen, unter denen die allermeisten Wissenschaftler:innen und Lehrbeauftragte an der Universität Basel leiden. Vor allem das System der befriste-ten Arbeitsverträge muss ein Ende haben.

Konsequenzen für sexuelle Übergriffe als Professor?

Kollegialität unter Gleichgestellten und Ausnutzung der strukturellen Machtvorteile schliessen sich eben nicht aus.

Nicht nur die Arbeitsverhältnisse an der Universität Basel geben zu reden.

Die Zuspitzung der institutionellen Hierarchie auf die Professur hat seit jeher auch andere Schattenseiten.

Nachdem im Kassensturz von sexuellen Übergriffen an der Universität berichtet wurde, nahm die Uni vor zwei Wochen Stellung dazu. Es zu lesen, ist ernüchternd, zu Recht kritisiert Benjamin Hits, PD an der Uni Basel, in einem Artikel in der BAZ diese Stellungnahme als unsensibel gegenüber den tieferliegenden, strukturellen Problemen der Uni – die solche Missbräuche überhaupt erst ermöglichen.

Die Prekarität des Mittelbaus, die Abhängigkeit von guten Bewertungen, die befristeten Stellen und die damit verbundene personelle Fluktuation sind Faktoren, die einen Machtmissbrauch erst ermöglichen. Braun Binder zeigt jedoch wenig Sensibilität dafür, wenn sie im Interview das professionelle und nahbare Umfeld an der Juristischen Fakultät lobt. Kollegialität unter Gleichgestellten und Ausnutzung der strukturellen Machtvorteile schliessen sich eben nicht aus. [...] die jetzt aufgestockte Anlaufstelle für Persönliche Integrität mag künftig Opfer schneller und besser unterstützen, kann aber das Grundproblem nicht beheben. (Benjamin Hitz)

Bedankt man auch, dass die durch Abhängigkeit bedingte sexuelle Ausnutzung ein Straftatbestand (nach StGB 193), scheint die Vorgehensweise des Rektorats wenig beherzt.

Zumal der persönliche Bericht von Esther Uzar das bizarre Ausmaß der besagten Abhängigkeitsverhältnisse und deren inakzeptablen Folgen für die Betroffenen an der Uni anzeigt.

Link zur PDF


Sich am Arbeitsplatz einkuscheln?

two cats lying on a couch
Photo by Tracy Anderson / Unsplash

Bei einer Anhörung des Wissenschaftsausschusses des Landtags NRW berichtete Prof. Dr. Amrei Bahr davon, dass die meisten „Nachwuchswissenschaftlerinnen“ nicht mehr eine Professur anstreben würden, weil die Arbeitsverhältnisse zu unattraktiv seien. Sie impliziert damit eine Forderung nach wissenschaftlichen Festanstellungen außerhalb der Professur, wie es sie vor allem in skandinavischen Ländern schon lange gibt, bspw. als Senior Researcher oder Forschungsprofessuren, die von der Lehre befreit sind. Prof. Dr. Brigitte Wolf verstand dieses Plädoyer für mehr Professuren bzw. auch anders profilierten wissenschaftlichen Festanstellungen negativ als „einkuscheln“ im Mittelbau. Die pejorative Verwendung von „einkuscheln“ in diesem Kontext nahm ich als entlarvend wahr – nur eine Ideologie, die Qualität und Leistung mit Kälte und Härte assoziiert, nimmt „einkuscheln“ als Schwäche oder Nachteil wahr.

So, liebe #IchBinHanna, jetzt musst Du Dich entscheiden! Willst Du (a) die Professur als einzig respektable Position in der dt. Wissenschaft oder (b) Dich völlig ambitionslos gemütlich im Mittelbau #einkuscheln, wo die Arbeit auf Dauerstellen nur was zählt, wenn Du weiterhin Prof werden willst?

Amrei Bahr (@amreibahr.bsky.social) 2024-12-11T22:50:21.553Z

Ätzend genug, wenn 35-jährige Wissenschaftlerinnen mit langjähriger Erfahrung und nachweislicher wissenschaftlichen Leistungen als „Nachwuchs“ oder nicht selten auch als „junge Leute“ bezeichnet werden. Diese Kosenamen sind geradezu Synonym geworden für die Bezeichnung des prekär angestellten wissenschaftlichen Universitätspersonal, das sich dadurch von den unbefristet angestellten Professoren und Verwaltungsangestellten unterscheidet.

Die Botschaft: Man muss schon erst Prof. werden, ehe man als vollwertige Wissenschaftlerin anerkannt wird. Und dieser Weg muss bitte steinig und entbehrungsreich sein.

Nein danke, dann doch lieber bei einem Unternehmen oder einer Organisation arbeiten, die ihre Angestellten wertschätzt und schützt.

Das muss aber nicht so sein!

„Denn gegen eine toxische Arbeitsumgebung hilft es am besten, wenn immer mehr der dort Tätigen sich deren schädlichen Standards nicht länger unterwerfen. Das Rattenrennen lässt sich nur stoppen, wenn wir alle langsamer werden. Je weniger von uns Überstunden machen, desto seltener werden sie selbstverständlich erwartet.“ – Amrei Bahr
Gemütlich einkuscheln?! Ein #IchBinHanna-Gruß vor den Feiertagen
Der Hashtag #Einkuscheln ist längst etabliert. Aber was genau macht die Formulierung vom gemütlich eingekuschelten Mittelbau so problematisch - und inwiefern fügt sie der deutschen Wissenschaft Schaden zu?

Erschöpfte Wissenschaft

Warum wird die Universität selbst nicht mehr erforscht?

Auf der Suche nach einer Antwort bin ich auf diesen Podcast gestoßen. Mit so vielen, klaren Antworten, so viel Ehrlichkeit und persönlicher Transparenz hätte ich im Leben nicht gerechnet.

Mich hat das ganz besonders auf das Jahresende hin ermutigt, weiterzumachen, nicht aufzugeben und mich unbedingt dafür einzusetzen, dass der wissenschaftliche Standard nicht auf Kosten von Menschen geht – auch nicht auf Kosten derer, die Wissenschaft betreiben.

Vielmehr leidet gerade die wissenschaftliche Qualität, wenn die Menschen und ihr Wohlbefinden nicht an erster Stelle stehen. Das gilt nicht nur für Unternehmen, sondern umso mehr für die wissenschaftliche Arbeit.

Besonders beeindruckt haben mich das Interview in Folge 8 mit dem Kirchenrechtler Prof. Hans Michael Heinig und die von ihm angeführte Studie der Volkswagenstiftung zu Wissenschaftskulturen in Deutschland, die sich explizit den von mir oben geschilderten Problemen den prekären Arbeitsverhältnissen an den Universitäten widmet.

Da wird nicht zuletzt zu dem von mir vorgebrachte festgestellt, dass die gesetzliche Beschränkung der Arbeitsbefristung an Universitäten Innovation explizit hemmt, weil (a.) vielversprechende Wissenschaftlerinnen vorzeitig ausscheiden, (b.) die Nachrekrutierung Missverhältnisse zwischen erfahrenen und noch auszubildenden Wissenschaftlern schafft und (c.) führt dazu, dass Gruppenleiter oder Professorinnen mehr Anträge für Drittmittel schreiben als sinnvoll, um finanzielle Risiken auszuschließen, was viel Zeit kostet, die wiederum für die Forschung fehlt.

Quer zu den Fallstudien und den Veranstaltungen wurde deutlich, dass die gegenwärtige Unmöglichkeit, semistabile Forschungsteams, vor allem in Universitäten, zu bilden, der größte Hemmschuh für originelle und effiziente Forschung ist. Hier steht das Wissenschaftszeitvertragsgesetz im Weg. Insbesondere fehlt es aber an Bereitschaft auf Seite der akademischen Einrichtungen, die Risiken der Drittmittelforschung mitzutragen, und Übergangsfinanzierungen zwischen Projekten sicherzustellen. (S. 7)

Professoren sind in allen Fächern zunehmend „stark überbelastet“. Wen wundert es? Während administrative Aufgaben, wie das Schreiben von Drittmittelanträgen, zugenommen haben, gibt es kaum erfahrene Mitarbeitende, die entlasten könnten, weil diese ständig ausgewechselt werden.

Die Überlastung mindert die Qualität der Arbeit und die Möglichkeit, intellektuell neue Wege zu beschreiten. Das Berufsbild Professor:in präsentiert sich für den talentierten Nachwuchs zunehmend unattraktiv (S. 7)

Die Studie weist auf die Notwendigkeit hin, attraktivere und langfristigere Karrieremöglichkeiten „jenseits der Professur“ zu Entwickeln.

Ein Lichtblick.

Wissenschaftliche Zeitschriften

Diese Woche habe ich eine großartige Zeitschrift abonniert: Katapult.

KATAPULT Ausgabe 35 / 2024

Eine Kombination aus kindlicher Freude an bunten Tabellen, Grafiken, Karten, Bildern und verständlich, tiefsinnigem Wissenschaftsjournalismus.

Ich habe das Magazin vor ein paar Monaten entdeckt, als ich an der Nordsee im Urlaub war. Liebe auf den ersten Blick 😍! Und leider erst jetzt abonniert.

Große Empfehlung, das Abo ist sehr preiswert und auch komplett digital erhältlich.

Auch das Science Magazine und Nature habe ich entdeckt. Ja, zugegeben, etwas spät, aber es lohnt sich darin zu schmökern, ein riesiges Archiv an wissenschaftlichen Einsichten und die aktuellen Ausgaben bieten einen interessanten Einblick in aktuelle Diskurse und Entdeckungen.

Vergangene Woche entdeckte ich diesen beunruhigenden News-Artikel bei Science, der von der rasanten Zunahme panresistenter Bakterien in den ukrainischen Frontlazaretten berichtet. Es werden auch die Gründe und Folgen erörtert, die uns bald alle betreffen werden.

In Natur kam diese Woche ein Artikel heraus, der deutlich macht, wie aktuell die geschilderten Probleme sind und wie unnachgiebig nach Lösungen geforscht wird.

Für alle Nerds unter euch, die wissenschaftliche News lesen wollen!


Der Octopus für alle

Ich habe mir darüber hinaus Gedanken gemacht, welche niederschwelligen Optionen man als angehender Wissenschaftler hat, um selbst Artikel und erste kleinere und größere Studien zu publizieren.

Dabei bin ich über Octopus.ac gestolpert.

Octopus and ResearchEquals aim to break the publishing mould
Modular platforms that allow authors to publish pieces of the research process hope to make academic publishing more accessible.

Es gibt auch Alternativen zu Octopus.ac, aber die Idee, Artikel nach einem einfachen Schema zu publizieren und sowohl netzwerkartig als auch hierarchisch mit anderen Artikeln in Relation zu bringen, hat mich begeistert. Es erinnert mich sehr an das Prinzip eines Zettelkastens.

Mich hat das sehr ermutigt, mir einen Fahrplan zu zeichnen, worüber will ich überhaupt schreiben, was will ich, wann erforschen?


Seit letzter Woche bin ich auf Bluesky aktiv und habe dort wirklich eine Social-Media-Plattform entdeckt, auf der ich gerne mit anderen interagiere. Vor allem ist Bluesky eine fast harmonische Echokammer für wissenschaftlich Interessierte und Nerds, zumindest die Bluesky Bubble, in der ich mich bewege. Und es ist einfach toll! 🤩

Seit ich die App nutze, habe ich so viele faszinierende Personen, Bücher und Events kennengelernt und entdeckt, es ist verrückt.

The History of Science Fiction diagram, by Ward Shelley 🔍 this diagram is insanely detailed, so make sure to check out its high resolution version at commons.wikimedia.org/wiki/File:Th... 📚🪐💙

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— Daniel Pomarède (@pomarede.bsky.social) 7. Dezember 2024 um 12:42

Besonders angesprochen haben mich die ehrlichen Inputs und Lebensberichte von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die von ihren Erfahrungen, Ängsten und Kämpfen mit den prekären Anstellungsverhältnissen an den Universitäten berichten. Mehr findest du hier: #IchbinHanna und auf dem Arbeit in der Wissenschaft-Blog

Bluesky
Social media as it should be. Find your community among millions of users, unleash your creativity, and have some fun again.

Bluesky erreicht bald 25 Millionen User. (Siehe Counter) Zurzeit findet ein massiver Exodus aus X (ehemals Twitter) statt, hunderttausende verlassen täglich die Plattform und viele wechseln zu Bluesky.


Zettelkästen

Seit letzter Woche versuche ich, meine ersten Rezensionen fertig zu machen und erlebe einige Blockaden und zunehmende Erschöpfung. Ich mache mich unnötig selbst verrückt. Es sind Rezensionen, diese müssen nicht perfekt sein, aber sollten endlich fertig werden und zu den Verlagen.

Zwischen 4000 und 6500 Zeichen lang sollte eine Rezension sein, also relativ kurzgebunden, wenn man bedenkt, dass man hunderte von Seiten, die eine Autorin oder ein Autor in teils jahrelanger Kleinstarbeit verfasst hat, zusammenfassen und würdigen sollte.

Aber es kommt gut, mit jeder Publikation lerne ich (hoffentlich) auch dazu. Gerade kam auch ein Buch, das ich mir – trotz der umstrittenen Persönlichkeit des Autors – gerne genauer anschauen will. Rowan Williams hat eine tolle Rezension dazu verfasst, die mich sehr inspiriert. Der Mann schreibt elegant – und ich meine, das ist bloß eine Rezension. Ich werde mal einen Blick in seine sonstigen Publikationen werfen!

We Who Wrestle With God by Jordan Peterson review – a culture warrior out of his depth
The popular psychologist’s blinkered reading of the Bible does his cause no favours

In diesem Zusammenhang habe ich auch die regelmäßige Pflege, die mein digitaler Zettelkasten braucht, vernachlässigt. Ein unüberschaubares Chaos bleibt.

Chaos im System

Seit heute versuche ich, meine Gedanken wieder zu ordnen und mein Gehirn in die Schubladen zu entleeren. Die digitalen Zahnräder müssten wieder etwas geölt werden, aber das bekomme ich hin. Bald habe ich Urlaub und viel Zeit für eine Rundumerneuerung.

Ich arbeite kontinuierlich an dem Release einer Einführung zum digitalen Zettelkasten als geisteswissenschaftliche Arbeitsmethode. Wer jetzt verwirrt ist, was das genau sein soll und was es damit auf sich hat. Den Schleier des Nichtwissens lüfte ich spätestens Ende Januar mit einer längeren Dokumentation zum Thema auf dogmathink.com

Mein erster Jour>nal Eintrag

KW48

Seit zwei Monaten befinde ich mich auf einer besonderen spirituellen Reise.

Naja, wenn ich es genauer betrachte schon deutlich länger, aber diese Ansage passt gut zum Titel des Buches auf das ich anspielen wollte. Nämlich The Artist's Way: A Spiritual Path to Higher Creativity (1922) by Julia Cameron.

Schon seit einigen Jahren versuche ich zu schreiben. Ja, nicht nur einfach so zu schreiben, sondern halt mit guter Rechtschreibung und Grammatik.

Spass bei Seite.
Ich würde gerne Geschichten schreiben, und dazu habe ich auch schon einiges unternommen, nur halt noch nichts richtig langes zu schreiben begonnen.

Seit einem Jahr schreibe ich an meiner Dissertation, also an einer wissenschaftlichen Buch-Publikation. Ein wissenschaftliches Buch zu schrieben gefällt mir, ich lerne enorm viel. Aber ich weiss nicht, ob ich wissenschaftliche Bücher schreiben würde, wenn es nicht für die Qualifikation wäre. Es kommt ganz darauf an, was man in der Theologie als wissenschaftlich bezeichnet. Ist Adornos Minima Moralia Wissenschaft? Sind Karl Barths Römerbriefe Wissenschaft?

Was Wissenschaft genau sein soll lässt sich nicht in einem Satz klären, aber für mich sind sie das, zumindest in der Theologie oder Philosophie. Als Qualifikationsarbeiten wären sie sicherlich unzureichend, aber macht sie das deshalb weniger wissenschaftlich? Abgesehen davon, schreibe ich bloss für dieses Prädikat?

Ich schreibe, weil ich nicht anders kann, seien das theologische Aufsätze, Abhandlungen oder am Ende auch Bücher. Und ich schreibe auch nicht Geschichten, weil ich muss, sondern weil ich will – weil mich das Schreiben ruft.
Dafür auch meine Webseite hier.

Aber noch habe ich noch nichts substantielles geschrieben, noch bin ich am lernen, noch am Anfang. Es bringt nichts sich etwas vorzumachen, aber es hilft zu wissen, was man im Leben erreichen will.

Dabei hilft mir das Buch von Julia Cameron sehr. Es ist als zwölfwöchiger Kurs konzipiert, den ich Woche für Woche gemeinsam mit meiner Frau Valerie mache. Jede Woche ist einem Thema gewidmet, das uns potenziell kleinhält, blockiert und daran hindert unseren Träumen zu folgen. Die zahlreichen Aufgaben, die man in jeder Woche bearbeitet, sind herausfordernd, tun manchmal weh und fühlen sich therapeutisch an.

Eine grosse Empfehlung für das Buch!
Auch Prof. Dr. Miriam Rose, seit diesem Jahr Dogmatik Professorin an unserer Fakultät, hat es im Geist.Zeit Podcast weiterempfohlen – Hörempfehlung.

Seit heute bin ich auch auf Bluesky, einer wirklich interessanten open source und dezentralen X / Twitter Alternative, die gerade massiv wächst. Während bei X ein user-exodus beginnt, so viele wie noch nie wechseln zu Bluesky. Ein Beitrag bei Republik hat mich darauf aufmerksam gemacht.

Auf zu neuen Plattformen
Twitter war schön. Aber Twitter heisst jetzt X. Und X ist nicht mehr schön. Zeit zu gehen.
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