Dogma: Think – Glauben zum Selberdenken
Dogma – das klingt nach festgeschriebenen Lehrsätzen, nach Wahrheit, die nicht mehr hinterfragt werden darf.
Denken hingegen ist dynamisch, prozesshaft, stets in Bewegung.
Wie kann das zusammenpassen?
Dogma: Think steht für ein Paradox: Das einzige Dogma im Glauben ist der Imperativ zum Selberdenken.
Warum diese Webseite?
Die Idee zu dieser Seite entstand aus dem Wunsch, Theologie im Netz weniger politisiert zu betreiben als viele der Theo-Blogs, die ich kenne.
Viele evangelikale oder landeskirchliche Formate vertreten ein politisches Programm – sei es konservativ, progressiv oder aktivistisch; etwa wenn theologische Fragen konsequent entlang aktueller Identitäts- oder Kulturkampfthemen verhandelt werden.
Ich will Theologie zunächst ohne direktes politisches Programm machen – das heißt: ohne Anbindung an parteipolitische Agenden oder aktivistische Rahmungen. Denn ich bin überzeugt, dass Theologie sich ihrem Gegenstand verpflichtet wissen muss – nicht der Logik medialer Polarisierung.
Natürlich ist keine Theologie völlig politikneutral – wie auch keine Weltanschauung je neutral sein kann.
Aber gegen das verbreitete Vorurteil – bei Denkern wie Baruch de Spinoza oder Carl Schmitt –, dass Theologie letztlich immer nur die Ideologie eines politischen Systems sei, halte ich mit Wilhelm Herrmann dagegen:
Theologie ist zuerst und vor allem Selbstbesinnung.
Auch Karl Barth hielt in seinem Vorwort zur Kirchlichen Dogmatik (1932) an der theologischen Sacharbeit fest – gegen alle Einwände, dass diese in politisch unruhigen Zeiten irrelevant sei.
Er schrieb, dass man zu den nötigen Klärungen „besonders auf dem weiten Feld der Politik“ nur kommen könne, wenn es zuvor zu den Klärungen „in der Theologie und über die Theologie selbst“ gekommen sei.
Diesen Gedanken nehme ich auf: Theologie braucht keine politische Anstrengung, um relevant zu sein. Sie ist es – wenn sie ihren Gegenstand ernst nimmt.
Und diese Relevanz beginnt nicht mit der Weltlage, sondern mit dem Wort Gottes.
Die Lehre der Kirche bedeutet vor allem: verkündigen, zuhören und nachdenken.
Diese drei Vollzüge gründen letztlich im Wortgeschehen selbst – nicht als Besitz, sondern als immer wieder neu zu hörende und zu denkende Anrede.
Alles andere ist nachgeordnet – Juristen, Aktivisten und Politiker können Politik besser.
Doch genau dadurch, dass sich Theologie konsequent auf ihren eigentlichen Gegenstand konzentriert, ist sie nicht unpolitisch, sondern setzt ein Zeichen – durch Konzentration auf Jesus Christus, nicht durch Parolen.
Man muß Theologie immer wieder von vorne anfangen. (Karl Barth)
Dogma: Think soll unter den deutschsprachigen Theologie-Blogs einen eigenen Akzent setzen: „Think inside the box“ – die Unvermeidlichkeit des Denkens umarmen, das ist das Programm.
Mit theologischen und philosophischen Konzepten experimentieren, die Bibel aus verschiedenen Blickwinkeln lesen, über Gott immer wieder neu ins Gespräch kommen.
Dogma: Think lädt ein, theologische Arbeit als schöpferische Denkpraxis zu begreifen – eine, die ernst macht mit dem Anspruch, von Gott zu sprechen, ohne ihn politisch zu vereinnahmen.
Dogma: Ein Blick in die Begriffsgeschichte
Das griechische δόγμα bedeutete ursprünglich nicht „starres Lehrgebäude“, sondern einfach eine festgestellte Einsicht – ein Lehrsatz, der sich aus philosophischer Reflexion ergeben hatte.
In der griechischen Philosophie und im römischen Recht bezeichnete dogma später einen verbindlichen Beschluss – eine normative Entscheidung.
In der christlichen Tradition wurde daraus allmählich ein Begriff für unveränderliche Glaubenssätze. Im Mittelalter wurde Dogma eng mit kirchlicher Autorität und Lehre verbunden, in der Neuzeit zunehmend kritisch betrachtet.
Spätestens mit der Aufklärung wurde „dogmatisch“ zu einem Gegenbegriff von Aufklärung und Kritik – ein Schimpfwort für autoritätsgläubiges, unbewegliches Denken.
Aber das ist eine Verkürzung.
Dogma kann auch eine Grundlage sein – ein tragfähiger Anfangspunkt, von dem aus Denken überhaupt erst möglich wird.
Dogmathink: Das Dogma des Denkens
Dogma galt lange als das Gegenteil von Denken.
Dogmathink dreht diese Zuschreibung um: Das einzig unvermeidbare Dogma ist, dass wir denken.
- Niemand kann sich dem entziehen.
- Jeder Mensch ordnet seine Gedanken, trifft Annahmen, überprüft oder bestätigt Überzeugungen.
- Es gibt keine „Nicht-Position“.
Und das betrifft nicht nur Philosophie oder Lebensführung – sondern auch die Theologie.
Wo Theologie nur dazu dient, bestehende Positionen ideologisch zu bestätigen, verfehlt sie ihren Gegenstand.
Das erinnert an Descartes – „Ich denke, also bin ich“. Aber hier geht es nicht um das „Ich“, sondern um das Denken als gemeinsame, unausweichliche Praxis.
Theologie als wissenschaftliches Denken – aber nicht allein
Theologie ist ohne Zusammenarbeit undenkbar – jedes Argument, jede These entsteht im Gespräch mit anderen Stimmen, Zeiten und Traditionen. Und doch bleibt die konkrete Praxis oft einsam: Zeitdruck, institutionelle Grenzen und akademische Routinen erschweren echte Zusammenarbeit.
Mit Dogma-Lab möchte ich ein Gespräch darüber anstoßen, wie sich Theologie im digitalen Zeitalter als kollaborative Praxis entfalten lässt – jenseits institutioneller Routinen, offen für neue Formen des gemeinsamen Schreibens und Denkens.
Schreiben ist anspruchsvoll – es braucht Zeit, viel Übung, ehrliches Feedback von anderen und die Bereitschaft, Fehler zu machen.
Das gilt umso mehr für theologische Bücher, die nicht einfach Fachsprache reproduzieren oder den Anschein höherer Erkenntnis erwecken sollen, sondern tatsächlich etwas Verständliches und zugleich gedanklich Herausforderndes sagen wollen.
Ich will sichtbar machen, was sonst oft unsichtbar bleibt: das Ringen, die Umwege, die Sackgassen des Schreibens.
Nicht um damit zu entmutigen, sondern um anderen Nachwuchsautor:innen und Geisteswissenschaftler:innen zu helfen – durch Einblicke, durch Erfahrungen, durch konkrete Hinweise aus der Praxis.
Dogmathink.com ist damit ein offenes Fenster in meine persönliche Denkwerkstatt und in meine gelebte Glaubenspraxis.