Heb 2,1-18. Chrischona Gemeinde Zug 29.07.18

Liebe als Verstehen des Nächsten untergräbt Misstrauen und Besserwisserei um des Nächsten willen. Jesus öffnet uns Raum zum Verständnis für die Leidenden und Gefallenen Menschen, die wir sonst nicht sehen würden.

Heb 2,1-18. Chrischona Gemeinde Zug 29.07.18
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Diese Predigt durfte ich 2018 in der Chrischona Gemeinde Zug halten. Ein Kommilitone musste kurzfristig seinen Predigttermin absagen und ich durfte für ihn einspringen. Es war für mich ein besonderer Gottesdienst und hat mir grosse Freude gemacht. Im Nachhinein ist meine selbstkritische innere Stimme unzufrieden mit meiner „Leistung“, aber bekanntlich geht es im Reich Gottes nicht um Leistungen, die Gemeinde hat mich mit ihrem wohlwohlenden und begeisterten Feedback nachhaltig ermutigt und anscheinend hatte auch meine Predigt den einen oder anderen unter ihnen ermutigt.

Nachträglich ist man immer schlauer und ich würde heute vieles nicht mehr so formulieren, vieles einfacher ausdrücken und die Predigt kürzer halten. Aber so lernt man dazu.

Ich freue mich diese Predigt mit dir zu teilen – viel Freude beim Lesen.


„Darum sollen wir desto mehr achten auf das Wort, das wir hören, damit wir nicht am Ziel vorbeitreiben. Denn wenn das Wort fest war, das durch die Engel gesagt ist, und jede Übertretung und jeder Ungehorsam gerechten Lohn empfing, wie wollen wir entrinnen, wenn wir eine so große Seligkeit nicht achten, die zuerst gepredigt wurde durch den Herrn und bei uns bekräftigt wurde durch die, die es gehört haben? Und Gott hat dazu Zeugnis gegeben durch Zeichen, Wunder und mancherlei mächtige Taten und durch Austeilen des Heiligen Geistes nach seinem Willen.
Denn nicht den Engeln hat er untertan gemacht die zukünftige Welt, von der wir reden. Es bezeugt aber einer an einer Stelle und spricht (Psalm 8,5–7): »Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Sohn, dass du auf ihn achtest? Du hast ihn eine kleine Zeit niedriger sein lassen als die Engel; mit Herrlichkeit und Ehre hast du ihn gekrönt; alles hast du unter seine Füße getan.«
Als er ihm alles unter die Füße getan hat, hat er nichts ausgenommen, was ihm nicht untertan wäre. Jetzt aber sehen wir noch nicht, dass ihm alles untertan ist. Den aber, der »eine kleine Zeit niedriger gewesen ist als die Engel«, Jesus, sehen wir durch das Leiden des Todes »gekrönt mit Herrlichkeit und Ehre«, auf dass er durch Gottes Gnade für alle den Tod schmeckte. Denn es ziemte sich für den, um dessentwillen alle Dinge sind und durch den alle Dinge sind, der viele Kinder zur Herrlichkeit geführt hat, dass er den Anfänger ihrer Rettung durch Leiden vollendete.
Denn weil sie alle von einem kommen, beide, der da heiligt und die da geheiligt werden, darum schämt er sich auch nicht, sie Brüder und Schwestern zu nennen, und spricht (Psalm 22,23): »Ich will deinen Namen verkündigen meinen Brüdern und mitten in der Gemeinde dir lobsingen.«  Und wiederum (Jesaja 8,17): »Ich will mein Vertrauen auf ihn setzen«; und wiederum (Jesaja 8,18): »Siehe da, ich und die Kinder, die mir Gott gegeben hat.« Weil nun die Kinder von Fleisch und Blut sind, hatte er gleichermaßen daran Anteil, auf dass er durch den Tod die Macht nähme dem, der Gewalt über den Tod hatte, nämlich dem Teufel, und die erlöste, die durch Furcht vor dem Tod im ganzen Leben Knechte sein mussten. Denn er nimmt sich nicht der Engel an, sondern der Kinder Abrahams nimmt er sich an. Daher musste der Sohn in allem seinen Brüdern gleich werden, auf dass er barmherzig würde und ein treuer Hoherpriester vor Gott, zu sühnen die Sünden des Volkes. Denn da er selber gelitten hat und versucht worden ist, kann er helfen denen, die versucht werden.“
– Die Bibel, Hebräerbrief 2,1-18

„Darum sollen wir achten auf das Wort“! So sagt es der Autor des Hebräerbriefes, doch die Frage stellt sich: „Warum denn sollen wir ausgerechnet nach ‚diesen Worten‘ trachten?“

Liebe Gemeinde,

der Hebräerbrief ist ein mystischer Brief, der uns hineinnimmt in die Tiefen  alttestamentlicher Theologie, dem eben, wie der Autor des Hebräerbriefs zeigt, eine zutiefst messianische Theologie innewohnt.

– «Messias» ist das hebräische Wort für christlich, was nichts anderes bedeutet als «gesalbt». Es geht dem Autor des Hebräerbriefes augenscheinlich darum, seine Leser mit auf einen steinigen und weiten, aber wundersam aussichtsreichen und überwältigend märchenhaften Pfad mitzunehmen, einem Pfad der hoch hinaufführt auf einen am Meer gelegenen emporragenden Berg, der jedem eine imposante Aussicht bietet, der von der Spitze des Berges auf den Horizont über das Meer hinausblickt. Von dort überblickt man die Weiten des Meeres christlicher Lehre, und am Horizont, dort sieht man das Kreuz, im Schein der aufgehenden Sonne aus dem Meer aufragen. In diese See christlicher Lehre hinaus zu stechen, ist unmöglich, ohne seinen Ziel und Ausgangspunkt zu kennen, das Leere Kreuz am Horizont. Ohne das Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu, ist christliche Lehre blosse Leere.

Ja, und ohne die christliche Lehre, ist das Geheimnis des Sohnes, seines Lebens, Sterbens und Auferstehens, dunkel bleibendes, nur mit dem Herzen zu glaubendes, dogmatisches, einfach hinzunehmen verdammtes, ja, «ist so, weil ist so» – Geschehen!

Inkarnation Gottes

Lehre meint hier die Vor-Rede der Propheten. Durch jene bereitete Gott uns Menschen vor, durch Israel, durch die Propheten, wiederum geheimnisvoll in all den Gesetzesvorschriften und kultischen Handlungen und selbst durch den Tempelbau und -kult, der hinweist auf das kommende Ereignis zur Befreiung der Welt:

Jesus Christus setzte seine nun allzu menschlichen Füsse in unsere tatsächliche, endliche Erfahrungs- und Leidenswelt – Gott wird Mensch!

Er begab sich nicht in unsere Welt, um sie gewaltsam zu unterwerfen, sondern er liess sich von ihr, von der Totalität unserer leidvollen Erfahrungen unterwerfen. Er wurde nicht einfach in einem abstrakten, welt- und  lebensfernen Sinne Mensch, sondern in die ganze Existenz der sinnlichen Erfahrungswelt unserer zerrütteten, kaputten und beziehungsgestörten Welt trat er ein.

Nun, Jesus wird auch festgestellt haben, dass nicht einfach alles schlecht und böse um uns bestellt war, oder besser gesagt: Wir haben durch Ihn erfahren, dass bei uns nicht einfach alles böse und schlecht ist. Menschen werden sich immer nach dem «Guten» und «Schönen» sehnen, wir werden auch immer offen sein, Liebe zu empfangen und Liebe zu geben.

Liebe

Was ist Liebe denn anderes als Beziehung, Verbindung zu einem anderen, Erfahren und Erleiden einer gemeinsamen Sache mit einem anderen oder anstelle eines anderen? Was ist Liebe anderes als das Konzentrat zutiefsten gegenseitigen Verständnisses – einem Verständnis für den anderen, das mich frei werden lässt für ihn.

Ja, zurecht wird man fragen müssen, was denn daran Liebe sein soll, wenn ein Mensch einen anderen versteht? Ein Psychologe kann einen Mörder zutiefst durchdringen und «verstehen», aber der Mörder muss deswegen in seinen Augen nicht zwingend ein besserer, liebenwerterer Mensch werden. Ja, ich stimme diesem Einwand zu, doch auch wenn das stimmt, so ist hier nicht eine Art des rein kognitiven Verstehens gemeint, sondern schauendes Verstehen – denn echtes durchdringendes Verstandensein, kommt als solches einer Offenbarung gleich.

Doch als verschlossene, im Fall des Misstrauens und Besserwissens, gefangene, entzweite Menschen sind wir Blindgeborene, zu schauen ist uns unmöglich – zumindest nicht ohne Vermittlung und Hilfe.

Wirkliches und tiefes Verstandensein bedeutet, heil werden in der Liebe, in dem Suchenden und Anteilnehmenden anderen; es bedeutet, als eigene Existenz Platz zu finden in einem anderen und auch in mir Platz zu finden für den anderen: Zu solcher freien, befreienden Liebe ist nur Gott im Stande. Wir können sie nicht selbst geben, oder erzeugen, sondern nur von Ihm empfangend und uns befreien lassen, um sie anderen zufliessen zu lassen.

Was wir oft von anderen als Liebe erfahren und selber anderen teilhabenlassen, ist meist nicht mehr als der Abglanz der Wahrheit, ist nicht mehr als ein Funke Hoffnung in einer erkalteten Welt. Doch wir sind dazu geschaffen, Ihn, unseren Schöpfer, mit jedem Funken Liebe, den wir widerspiegeln, zu bezeugen. Denn jede noch so kleine Erfahrung von Verbundenheit oder Verstandensein von, mit oder zu anderen Menschen entspringt immer der Quelle des Lebens, des Gottes, der uns in seiner Gnade liebt und nie aufgegeben wird. Immer wieder klopft er mit seinem Geist und seinem Wort, selbst im Leben der verlorensten Seele, immer wieder an die Tür unserer Welt.

Antrieb und Verlangen

Diese Funken der Liebe sind es doch, die uns immer wieder dazu veranlassen, nach den «wahren» Dingen selbst zu streben: allzu oft verlangt es uns doch nach der «wahren» Liebe, «wahrer» Schönheit, nach «wahren» Freunden oder nach unserer «wahren» Bestimmung – eine an sich «gute» Sehnsucht,  gedeiht uns doch allzu oft zu unserem Verhängnis,  weil wir schmerzlich auf Abwegen danach streben oder die Suche ganz aufgeben. Doch es gibt nur einen Weg: Wenn die Essenz der Liebe Verstandensein ist, dann ist Wahrheit ihre Verwirklichung (vgl. 1Joh 3,18). Ps 51,8 trifft den Nagel auf den Kopf: «Siehe, du liebst Wahrheit, die im Verborgenen liegt, und im Geheimen tust du mir Weisheit kund.» Die liebe strebt in ihrem Wesen nach Wahrheit – nach verwirklichtem Verstandensein in seiner Totalität.

Das Geheimnis

Jesus Christus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Jesus ist der sich zu erkennen gebende Gott, der Gott der mit aller Kraft darum ringt verstanden zu werden.

Er ist das Geheimnis Gottes, das ans Licht gekommen ist. Gott aber versteht uns ohne Grenzen, weil er uns in unseren Grenzen liebt. Er, Jesus, ist zwar die Wahrheit, doch wir verstehen die Wahrheit nicht – Er ist das offen dargelegte Herz Gottes, Er ist der Schlüssel zum Geist Gottes, zum Verstandensein Gottes, Jesus will kennengelernt werden, Jesus ist keine Idee, Er ist eine Person – Er ward Mensch. Darum ist Er der Weg, der Weg, den wir mit Ihm gehen sollen, im hinterher, dahin, wohin er uns führen will, auf den Pfad der Wahrheit im Verborgenen. So ist Jesus der Weg in Richtung Wahrheit, einer Richtung, die alleine Leben gibt. Jesus, der wahre Mensch und wahre Gott, Er begegnet uns für uns, Er kommt zu uns, weil wir nicht zu ihm können. Er lädt uns ein Ihm zu folgen, Ihn persönlich kennenzulernen und will uns mitnehmen auf eine Reise. Es bleibt nun aber unsere Entscheidung, ob wir diese Reise antreten wollen oder nicht.

Erlösung

Was sonst könnte uns antreiben zu verstehen, als die Liebe Jesu, was uns öffnen für die «Wahrheit» der Unwahrheit unserer Selbst und anderer als allein der Gottmensch, der sich in unsere Erfahrungswelt begab, dessen Aufdeckung wir alle eigentlich entfliehen wollen. Der sich der Endlichkeit entäusserte, die uns Verblendet in Angst vor dem Tod (2,15). Angst, die unsere Herzen hart macht,  Angst zu kurz zu kommen oder verletzt zu werden. Der Gott, der in unserer Begrenztheit, die Grenzenlosigkeit der «wahren» Liebe offenbarte, lässt uns frei werden. Liebe, die selbst vom Tod nicht beerdigt werden konnte – (2Kor 12,10) «wenn ich schwach bin, bin ich stark» schrieb eins Paulus – und ja, die Liebe Jesu zerbracht nicht, trotz Misshandlung, Nöten, Ängsten und sogar dem Tod.

Die Verbindung im Geist

Wenn der Abglanz der Liebe ein Band zwischen Menschen ist, dass uns manchmal jemanden anrufen lässt, die uns am Telefon dann ganz aus dem Häuschen erzählt, dass sie gerade an uns gedacht habe und wie schön es doch wäre wieder einmal von uns zu hören, just in dem Moment als wir zum Hörer griffen, um diesen Menschen anzurufen – dann ist die Liebe Jesu: (1Kor 6,17) Eine permanente Telefonverbindung, die nie abreisst und die immer an ist. Denn das heisst ein- Fleisch-, ein-Geist-sein mit Gott! Oder anders ausgedrückt: Es ist wie bei einer Verschränkung in der Quantenphysik: Wahnsinnig komplex und noch viel schwerer zu «verstehen»! Ja, echtes Verstandensein ist kein blosser Akt unseres Verstandes, sondern unseres ganzen Daseins in der Welt. Wie Gott, der uns nicht einfach psychologisch durchleuchtete, um zu verstehen warum die Sünde uns trennt, sondern (Heb 2,10) «es ziemt sich für den, um dessenwillen alle Dinge sind und durch den alle Dinge sind, der viele Kinder zur Herrlichkeit geführt hat, dass er den Anfänger ihrer Rettung durch Leiden vollendete.»

Leben heisst leiden

Liebe geht durch Mark und Bein, wie es sprichwörtlich heisst, oder im konkreten Fall durch Handgelenk und Sprungbein. In unserer zerrissenen Welt bedeutet zu lieben oftmals schweres Leid auf sich zu nehmen. Ja, überhaupt zu leben, bedeutet ja schon im Sterben begriffen zu sein, denn unser Dasein ist ein ständiger Kampf gegen den Tod. Von Leben kann da eigentlich nur noch in einem abstrahierten Sinne gedacht und gesprochen werden, im hier und jetzt zu Leben bedeutet schlicht zu überleben – Leben ist Leiden.

So ist unser Dasein. Zu sein bedeutet also durch Leid hindurch dem Tod verfallen sein. Und eben unter diesen Voraussetzungen erblickte auch das kleine Jesuskind das Licht der Welt. So spricht es der Hebräer aus: (Heb 2,8) «Jetzt aber sehen wir noch nicht, dass ihm alles untertan ist», aber eines aber schauen wir im Geiste nämlich, (Heb 2,9) «[d]en aber, der ‚eine kleine Zeit niedriger gewesen ist als die Engel‘: Jesus – sehen wir durch das Leiden des Todes ‚gekrönt mit Herrlichkeit und Ehre‘, auf dass er durch Gottes Gnade für alle den Tod schmeckte».

Liebe trägt die Last der anderen, dient dem nächsten, ohne zu fragen, was der andere für mich tut oder tun sollte. Jesus sagt seinen Jüngern nicht umsonst (Mk 10,45) «ich bin nicht gekommen um mir dienen zu lassen, sondern um zu dienen und mein Leben zu geben als Lösegeld für viele.»

Ist denn nicht gerade die Gemeinde ein Ort dieser gegenseitigen Liebe, wo ein jeder nicht auf sein eigenes schaut, sondern darauf was dem nächsten dient, wo die Resonanz der Liebe schallt und hallt ohne zwanghafte Erwartungen?

Vielleicht ein etwas utopischer Gedanke, aber eben, der Hebräer sagt es so schön: «Jetzt aber sehen wir noch nicht, dass ihm alles untertan ist». Was aber haben wir Christenmenschen mit unserer verschachtelten und schwierigen Lehren und unserem lieben Herrn Jesus den anderen Menschen voraus?

Im Grunde nichts, wir sind genau so «verdorben», genauso sehnsüchtig und nach «wahrer» Liebe suchend, genauso verloren und genauso Hilfsbedürftig. Aber eben, obwohl wir dem Dasein verfallen sind, zeigt sich Gott uns radikal solidarisch: (Heb 2,11f.) «Denn weil sie alle von einem kommen, beide, der da heiligt und die da geheiligt werden, darum schämt er sich auch nicht, sie Brüder und Schwestern zu nennen, und spricht: ‘Ich will deinen Namen verkündigen meinen Brüdern und mitten in der Gemeinde dir lobsingen.’»

Wir sind bedingungslos geliebte und gewollte Geschöpfe im Bild seines Sohnes geschaffen. An Ihn Jesus Christus zu glauben bedeutet aus unserem sicheren Dasein herauszutreten. Als glaubende, empfangen wir den Geist Gottes, empfangen wir die Person gewordene Liebe zwischen Vater und Sohn. Wir empfangen die Liebe Gottes, indem wir hineingenommen werden, als Brüder und Schwestern, in das Einssein mit Gott, in den «Liebestanz der Dreieinigkeit». Und eben: Im Heiligen Geist allein, der das Band der Liebe ist, erfahren wir nun, was Verstandensein bedeutet, wenn wir treten auf den Pfad Jesu der Wahrheit entgegen. Uns ist nun als Christen zuteilgeworden das Verwirklichtwerden zur Wahrheit. Wir «sind» nicht mehr, sondern sind nun im «Werden» begriffen!

Es ist unsere Hoffnung, keine wage, keine abstrakte und unnahbare, (Heb 7,16) sondern ein  Hoffnung «nach der Kraft unzerstörbaren Lebens», nämlich durch  die Auferstehung unseres Herrn, durch den Tod hindurch zum wahren Leben!

Schluss

Und nun stehen wir hier wieder am Fusse des Berges, aufgefordert uns zu entscheiden, den steinigen Weg hinauf an der Hand unseres Herrn zu wagen, miteinander zu wagen, diesen Jesus kennenzulernen, immer mehr und immer tiefer. Wollen wir es wagen? Der Hebräerbrief lädt uns dazu ein, ja, fordert uns geradezu dazu heraus. Vielleicht drängt sich nun die Frage auf, warum es den so eine «verkopfte» Sache sein muss, diese Sache mit der Lehre und mit Jesus.

Liebe Gemeinde, wer sich beim lesen der Bibel, hören der Predigt oder diskutieren in der Bibelstunde auf seinen Verstand zu beschränken meint, der weiss wohl nicht um der verwandelnden Kraft von Wort und Sprache. Ich spreche nicht von magischen Formeln oder faulem Zauber, sondern vom Wesen der Sprache. Sprache beeinflusst, ja, gibt unserem Denken Raum und Grenzen, es leitet oder verleitet unser Denken und unser Denken prägt unser Handeln, unsere Herzenshaltung und also wie wir die Welt sehen, wie wir in ihr agieren und wie wir mit Menschen umgehen.

Wieviel schwerer und kräftiger sind da die Worte Jesu, unser Leben zu verwandeln, jedes Gebet, jede Lesung, jede Belehrung, jede Verkündigung, die wir hören oder lesen, jede Erkenntnis und Verständniserweiterung führt uns ein bisschen weiter auf dem Pfad Richtung Wahrheit – unbewusst aber «in der Kraft unzerstörbaren Lebens»!

Und wieder stehen wir am Fuss des Berges am Meer der christlichen Leere, vielleicht schon lange unterwegs, vielleicht erst seit kurzem auf dem Pfad der Wahrheit unterwegs, doch eines sicher: hinaufblickend zum Gipfel des Berges Jesu, wo die Auferstehung und das ewige Leben auf uns warten, dem Ort an dem wir buchstäblich neu werden.

Jesus sagt: «Die Worte, die ich zu euch geredet habe, die sind Geist und sind Leben.» Lasst euch nicht vom Dasein dieser Welt verzaubern, sondern von den Worten Jesu, seiner Lehre, seinem Handeln und Wirken, entzaubern von Unwahrheit und Lüge. Vom Dasein des Todes befreit, im zu Lebende Werden gefeit. Und wie es der Hebräer zu Beginn dieses Kapitels schrieb: «Darum sollen wir desto mehr achten auf das Wort, das wir hören, damit wir nicht am Ziel vorbeitreiben.»